Der, dem der König die Hand schüttelte
Betritt man die Molly-Schauffele-Halle am Stuttgarter Olympiastützpunkt, dort wo erfolgreiche Athleten gemacht werden, traf man Jahraus Jahrein bis zu 14 Stunden täglich hinter dem Wurfnetz einen Trainer auf seinem Stuhl. Peter Salzer (66) vermittelte hier seit 47 Jahren die Geheimnisse des Kugelstoßens und hat dabei Niko Kappel zum Paralympics-Sieger, Alina Kenzel zur Junioren-Weltmeisterin, Lena Urbaniak und Tobias Dahm zu Olympiateilnehmern geformt.
Als deutscher Jugendmeister 1976, zusammen mit seiner Schwester Birgit, „rutschte“ er schon als 18-Jähriger bei seinem Heimatverein TV Neuhausen/Erms in den Trainerjob hinein. Die Biomechanik des Kugelstoßens, die Athleten, die Erfolge ließen ihn nicht wieder los, auch wenn er jetzt in den (Un)Ruhestand gewechselt hat. Er war zum Experten deutschlandweit geworden. Sein Motto, ganz Schwabe bescheiden: „Je erfolgreicher die Athleten, desto bescheidener der Trainer“.
Salzer tourte durch die Stadien der Welt in den USA, Brasilien, Australien, korrigierte Bewegungsabläufe, motivierte seine Athleten zu Höchstleistungen und war immer offen für Neues. So schafften er und seine Athleten den Technikwechsel vom Angleiten zum Drehstoßen und praktizierte eindrucksvoll Inklusion und Integration mit einer 13-köpfigen Gruppe. „Wir haben nie über Inklusion und Integration gesprochen, wir haben sie gelebt“, sagt Salzer nicht ohne Stolz. Die Paralympics-Sieger Niko Kappel und Lara Baars wurden zu Aushängeschildern.
Die Liste von Salzers erfolgreichen Athleten ist lang. Zu ihnen zählten die spätere Hallen-Europameisterin Petra Lammert (VfB Stuttgart), Hallen-WM-Teilnehmer Marco Schmidt (VfL Sindelfingen) oder Andreas Deuschle (SV Salamander Kornwestheim). Die Erfolgsbilanz von Salzers Athleten ist mit 30 internationalen und 38 nationalen Medaillen eindrucksvoll. 2006 und 2017 zeichnete ihn der Landessportverband Baden-Württemberg (LSVBW) zum Trainer des Jahres in Baden-Württemberg aus.
„Peter Salzer ist zu einem der renommiertesten Kugelstoß-Trainer im DLV geworden“, zollt ihm der Leitende Wurf-Bundestrainer Sven Lang (Markkleeberg) ein dickes Lob, „er war immer für die Athleten da und war ein sehr angenehmer Kollege“. Niko Kappel hat ihm in hohem Maß seine erfolgreiche Karriere zu verdanken. „Wir haben über zehn Jahre unheimlich erfolgreich miteinander gearbeitet“, sagt der Paralympics-Sieger von Rio.
Einen Ritterschlag erhielt der Schwabe mit dem Handschlag des niederländischen Königs Willem-Alexander bei einer Ehrung für seine Paralympics-Siegerin Lara Baars in Den Haag. Der Reiz des Kugelstoßens? Es sei die ehrlichste Wurfdisziplin, kein Wind oder Wetter spielten da eine Rolle, „es geht allein um Athlet gegen Eisen“. Salzers weitere Spuren neben den Erfolgen: mit Artur Hoppe und Markus Reichle sind zwei seiner ehemaligen Schützlinge inzwischen selbst Trainer geworden und geben sein Wissen weiter.
„Kugelstoßen war mein Leben, Trainer mein Traumberuf“, fasst er sein Engagement über fünf Jahrzehnte zusammen, und er wird auch im (Un)Ruhestand den Stuhl hinterm Wurfnetz belegen, als Nebenjob-Trainer für den VfB Stuttgart.